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Apothekenreform: Sie kommt. Sie kommt nicht. Sie kommt. Sie …

Die geplante Apothekenreform rückt ins Zentrum der gesundheitspolitischen Debatte. Doch was steckt hinter den angestrebten Änderungen? Was sagen Apothekenbetreiber dazu? Und wie geht es weiter?

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Von Änderungen bei der Vergütung bis hin zu flexibleren Öffnungszeiten – die geplante Reform will eine neue Ära für Apotheken einläuten. Doch kann sie das schaffen? Bisher stoßen die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach in der Apothekerschaft auf Widerstand. Doch einmal von vorn: 

Geplant sind unter anderem folgende Veränderungen 

/ Änderungen bei der Vergütung

Die Vergütung der Apotheken soll durch Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung neu verteilt werden. Dafür sind folgende Maßnahmen geplant: Ein Teil des Zuschlags für pharmazeutische Dienstleistungen wird umgewidmet, um die Vergütung für Nacht- und Wochenenddienste sofort zu erhöhen. Dies soll vor allem ländliche Apotheken stärken, die häufiger Notdienste leisten müssen als Apotheken in dicht besiedelten Gebieten. Zudem wird der prozentuale Anteil der Apothekenvergütung von drei Prozent auf zwei Prozent gesenkt, während das Fixum gleichzeitig angehoben wird.

/ Flexiblere Öffnungszeiten

Mehr Flexibilität soll helfen, die Öffnungszeiten an personelle Kapazitäten und den Versorgungsbedarf vor Ort anzupassen. Die Verpflichtung zur ununterbrochenen Dienstbereitschaft entfällt. Stattdessen sollen definierte Dienstbereitschaftszeiten gelten, um die erforderliche Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Somit erübrigt sich die Beantragung von Befreiungen für Zeiträume außerhalb der üblichen Geschäftszeiten.

/ Einfachere Gründung von Zweigapotheken

Die Reform sieht außerdem vor, die Gründung von Zweigapotheken in Orten mit eingeschränkter Arzneimittelversorgung zu vereinfachen. Apotheken sollen mehrere Filialen und Medikamentenabgabestellen betreiben, um vor allem dem Apothekensterben auf dem Land entgegenzuwirken. Während sich Filialen normalerweise im gleichen oder einem benachbarten Kreis befinden mussten, soll nun auch eine Autofahrt von drei Stunden zulässig sein. Zukünftig soll auch die Möglichkeit bestehen, die Leitung einer Filiale zwischen zwei Apothekern zu teilen. Außerdem hat der Inhaber das Recht, die Filialleitung eigenständig zu übernehmen.

/ Öffnung mit erfahrenen PTA

Für eine bessere Arzneimittelversorgung müssen Apotheker laut Referentenentwurf nur noch acht Stunden pro Woche in öffentlichen Apotheken anwesend sein. In der restlichen Zeit leiten PTA die Arbeit. Hierbei ist eine telepharmazeutische Anbindung an Apotheker im Filialverbund sicherzustellen. Die Herstellung parenteraler Arzneimittel, das Impfen und die Abgabe von Betäubungsmittel bleiben jedoch weiterhin Apothekern vorbehalten.

/ Apothekenneugründung auch mit ausländischem Examen

Auch approbierte Apotheker, die ihre Prüfung außerhalb Deutschlands abgelegt haben, sollen nun die Möglichkeit für eine Apothekenneugründung haben. Bislang durften sie nur bereits bestehende Apotheken übernehmen.

/ Integration internationaler Fachkräfte im Anerkennungsverfahren

Internationale Fachkräfte, die aufgrund von Konflikten im Herkunftsland ihre Ausbildung nicht beenden konnten, sollen passende Anerkennung und Berufschancen erhalten. So können Fachkräfte aus dem Ausland bereits während des Anerkennungsverfahrens wie Auszubildende für pharmazeutische Tätigkeiten eingesetzt werden.

/ Betäubungsmittel in Kommissionierautomaten

Unter der Voraussetzung eines sicheren Zugangsschutzes sollen Apotheker zukünftig auch Betäubungsmittel in Kommissionierautomaten lagern dürfen. Daraus sollen sowohl logistische als auch bürokratische Vorteile entstehen.

/ Impfen in der Apotheke

Die zukünftige Regelung sieht vor, dass Apotheker bei Personen, die das 18. Lebensjahr erreicht haben, Totimpfstoffe und Impfungen gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis anbieten dürfen – vorausgesetzt, sie sind ärztlich geschult und im Apothekenpersonal integriert. Bei erfolgreicher Teilnahme zur Schutzimpfung gegen Grippe oder SARS-CoV-2 reicht eine Ergänzungsschulung. 

Wie kommt die Reform bei Apothekeninhabern an?

Es ist bekannt, dass die geplante Apothekenreform in der Apothekerschaft wenig Zustimmung findet. Das Institut für Handelsforschung (IFH) Köln hat dies in der Juli-Umfrage erneut hinterfragt, wie die Deutsche Apotheker Zeitung berichtete.* Dabei zeigt sich, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) aus Sicht von zwei Dritteln der 139 befragten Apothekenleiter zwar die richtigen Themen ausgewählt hat – bei der Umsetzung der Maßnahmen jedoch ein deutlicher Nachholbedarf besteht. 

Dass sich zwei Apothekenbetreiber die Leitung der Filial- und Zweigapotheken teilen, halten die Teilnehmer für positiv. Zustimmung findet in der Umfrage auch der Vorschlag, ausländische Fachkräfte bereits während des Anerkennungsverfahrens pharmazeutisch tätig werden zu lassen. Der aktuelle Plan sieht jedoch vor, diesen Punkt aus dem Kabinettsbeschluss zu streichen, da er das Risiko birgt, das gesamte Gesetz zustimmungspflichtig zu machen. Flexiblere Öffnungszeiten befürworten immerhin 80 Prozent der Teilnehmenden.

Doch es gibt auch viel Kritik: 94 Prozent bezweifeln, dass das zentrale Ziel der Reform – die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung, insbesondere in ländlichen Regionen – sich mit den vorgesehenen Maßnahmen erreichen lässt. Die Mehrheit erwartet ein Voranschreiten der Apothekenschließungen – falls die Reform tatsächlich wie geplant mit neuen Zweigapotheken in Kraft treten sollte. Auch bei der Arzneimittelabgabe ohne Präsenz von approbierten Fachpersonal besteht Verbesserungsbedarf. Fast alle Teilnehmer bemängeln außerdem, sich in der Apothekenreform übergangen zu fühlen und nicht die nötige Wertschätzung zu erhalten. Insgesamt sehen 93 Prozent der Befragten den Gesetzentwurf als nicht zufriedenstellend oder mangelhaft an.

Der aktuelle Stand – Ungewissheit bleibt

Der Kabinettsbeschluss zur Apothekenreform lässt weiterhin auf sich warten. Nachdem zunächst Juli und dann August als mögliche Zeitrahmen festgelegt wurden, scheint nun auch der Termin im Oktober verschoben worden zu sein. Die Deutsche Apotheker Zeitung berichtet von einem möglichen Termin im November.** Beim Deutschen Apothekertag, der vom 9. bis 11. Oktober in München (zeitglich mit der expopharm) stattfindet, wird Karl Lauterbach ein digitales Grußwort an die Apothekerschaft richten. Es bleibt spannend, ob er dabei auch ein Update zur zeitlichen Abstimmung der Reformpläne geben wird.

 

Quellen

* https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/08/02/richtige-ansaetze-falsche-umsetzung

** https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/10/04/apothekenreform-vielleicht-im-november-im-kabinett